Es gibt verschiedene Arten von Ordnung und Unordnung.

Da sind zunächst einmal die Haushalte, in denen die Unordnung ganz offensichtlich ist. Überall liegt Zeug rum, ausgezogen und fallengelassen, abgesetzt und stehengelassen, kreuz und quer und wie es gerade kommt. Das kann man so machen wenn man allein lebt, oder sich einig ist, und wenn sich alle Bewohner damit wohlfühlen, ist das Thema damit erledigt.

Schwieriger ist es natürlich, wenn es den Bewohnern eines solchen Chaos unangenehm ist, wenn Andere ihr Durcheinander sehen. Spontaner Besuch ist peinlich, und wenn es an der Tür klingelt führt das womöglich noch zu ein paar hektischen Manövern: das Gröbste wird noch schnell ins Schlafzimmer geschubst. Aber so ganz klappt das kaum und es fühlt sich nicht gut an.

In der Mehrzahl der Haushalte sieht es jedoch, oberflächlich betrachtet, einigermaßen ordentlich aus. Muss ja nicht perfekt sein. Dennoch ist hier oft einiges an Durcheinander oder Chaos versteckt. In vollen Schränken oder Abstellkammern, also da, wo man es nicht dauernd sieht, stapelt und türmt es sich. Das zählt nicht? Hauptsache es sieht keiner? Außer Ihnen?

Diese Einstellung habe ich schoon oft angetroffen, sie variiert auch zwischen den Kulturen. Ich erinnere mich zum Beispiel noch immer mit leichtem Schaudern an die polnischen Handwerker, denen ich die Renovierung einer Wohnung in London anvertraut hatte.

Die Dielenbretter mussten raus, und während der Boden offen war, wurde er kurzerhand zur Müllgrube umfunktioniert. Abends fand ich zu meinem Entsetzen Bierdosen und anderen Müll zwischen den Balken. Am nächsten Tag daraufhin angesprochen meinten die Männer jedoch ohne meinen Unmut im Geringsten zu verstehen, das sähe doch niemand mehr, wenn die Bretter wieder draufgenagelt sind.

Die hintere Wand unter der Spüle, grau und dreckig, wurde aus ähnlichen Gründen gar nicht erst mit gestrichen. Sieht doch niemand, war auch hier wieder die lapidare Antwort.

Niemand? Zum einen blickte ich direkt auf diese alte, fleckige Wand sobald ich die Tür öffnete. Und zum zweiten war es einfach da. Allein die Energie dahinter war mir unangenehm. Da weitere Diskussionen jedoch zwecklos waren, habe ich die Wand eines Abends dann selbst gestrichen, um mich nicht weiter darüber zu ärgern.

Eine klare Lektion, die mich beim nächsten Mal sehr vorsichtig sein lässt, wen ich mir als Handwerker ins Haus hole.

Das Gegenstück zu dieser Einstellung fand ich dann in der japanischen Tradition. Unter Tassen und Tellern aus der Edo Periode, zum Beispiel, findet sich oft auf der kleinen runden Mitte der Unterseite noch eine hübsche Zeichnung. Sieht nur, wer die Teller umdreht. Was für eine andere Energie und Perspektive kommen hier zur Geltung?

Was mich neugierig macht: Was sagen all diese Varianten des Umgangs mit Ordnung und Gestaltung eigentlich über den Umgang mit uns selbst? Um wen oder was geht es hier wirklich? Wenn es niemand sieht, ist es auch nicht da. Besitzer und Bewohner zählen dabei gern als niemand. Für wen wird dann renoviert? Besucher, die nichts anfassen oder aufmachen?

Wäre es nicht viel wichtiger und richtiger für diejenigen die hier zu Hause sind Ordnung und Harmonie zu schaffen, auch da wo Andere gar keinen Zugang haben?

Seitdem ist es mir geradezu zu einem Akt der Selbstliebe und Selbst-Wertschätzung geworden, in den ganz versteckten Ecken und privaten Räumen, in den Schränken und Schubläden, wo sonst niemand hinguckt, Klarheit und Schönheit und ein angenehmes Ambiete zu schaffen. Für mich und uns. Jedesmal wenn ich an so eine Stelle komme, freue ich mich, spüre die positive Energie, die von einem solchen Umgang mit den Dingen und mit mir ausstrahlt.

Übertrieben? Probieren Sie das mal aus, an einer Stelle. Sie werden mehr Wohlbefinden und eine anhaltende Inspiration verspüren, diese Art tiefer Ordnung zu kultivieren. Für die Hauptperson/en in Ihrem Leben.

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